Zeitenspiegel Reportagen

Zehn Jahre Zeitenspiegel-Reportageschule

29.09.2015

1.532.422 Schritte sind die zwölf Schüler des 10. Jahrgangs der Zeitenspiegel-Reportageschule Günter Dahl für ihr Abschlussmagazin GO insgesamt gelaufen. Schrittzähler im Gepäck eines jeden machen die exakte Angabe möglich, die zugleich auf das Thema des Hefts verweist: Es geht ums Gehen. Um die damit verbundene Langsamkeit, die genaue Beobachtung erst möglich macht. Eine Tugend, die in schnellebigen Zeiten oft erst wieder entdeckt werden muss.

“Willst du mit mir gehen? - zwölf Reportagen zu Fuß” lautet der Titel des Magazins, das die jüngsten Absolventen der Reportageschule am 25. September in den Räumen der Reutlinger Volkshochschule vorstellten. In dem 130-Seiten-Heft finden sich Geschichten über Baletttänzer und Bundeswehrsoldaten, über einen verschwundenen Wanderer in den Alpen, ein vergessenes Volk in Jordanien. Und viele mehr.

Rund 150 Gäste waren der Einladung der Reportageschule zur Abschlussfeier - und zugleich der ersten runden Geburtstagsfeier der Schule selbst – gefolgt. In ihren Reden erinnerten Dr. Ulrich Bausch, der Leiter der Volkshochschule Reutlingen, und Reutlingens Oberbürgermeisterin Barbara Bosch daran, dass vor zehn Jahren nicht jeder an den Erfolg einer Journalistenschule in Reutlingen geglaubt habe. “Die Ausbildung schien in den vorhandenen Schulen zementiert”, so Bausch. Am Ende siegte der Glaube an das Projekt – und mit ihm der Wille, Qualitätsjournalismus zu fördern, der “für die Demokratie unverzichtbar ist”, wie der frühere Vorstandsvorsitzende der Mercedes-Benz AG Edzard Reuter betonte, der seit dem Start der Schule Mitglied des Kuratoriums ist.

Amrai Coen, Absolventin des 4. Ausbildungsjahrgangs und heute Autorin für das Dossier der “Zeit”, verriet in ihrer Festrede, dass ihrer Bewerbung für die Schule als Arbeitsproben lediglich ein paar E-Mails beilagen, die sie von einer Weltreise an Freunde geschrieben hatte. Sie hatte damals noch keinen einzigen Zeitungsartikel veröffentlicht. Sie bekam dennoch ihre Chance. “An welcher anderen Schule ist das möglich?”, fragte sie. Entsprechend hart sei es gewesen, so Coen, als Ingrid Kolb, ehemalige Leiterin der Hamburger Henri-Nannen-Schule und Dozentin an der Reportageschule, einen ihrer ersten Übungstexte mit dem Vermerk “Papierkorb” versah. Die Reportageschule, das seien zwölf Monate harte Arbeit an Texten und des intensiven Austauschs mit Mitschülern und Dozenten gewesen.

Eben diese Teamfähigkeit habe auch den aktuellen Jahrgang ausgezeichnet, sagte Philipp Maußhardt, der pädagogische Leiter der Schule. Das habe sich vor allem bei der Arbeit am zweiten großen Gemeinschaftsprojekt gezeigt, das die Schüler am Festabend neben dem Abschlussmagazin GO präsentierten: “Allez Bouaké!”, ein multimediales Online-Magazin über Bouaké, die ehemalige Rebellenhauptstadt der Elfenbeinküste. Gemeinsam mit Schülern der ivorischen Journalistenschule Studio-Ecole Mozaik hatten sich die Reutlinger Schüler in dem westafrikanischen Land auf die Suche nach Geschichten gemacht, die vom Leben nach dem Bürgerkrieg erzählen. Zu lesen, zu hören und zu sehen sind die Ergebnisse dieser gemeinsamen Recherche auf www.reporterreisen.com.