Buchveröffentlichung: Die offene Wunde NSU
Nachdem im großen Münchner NSU-Prozess das Urteil über Beate Zschäpe und die Mitangeklagten gesprochen wurde, sollte der Rechtsfrieden hergestellt sein. Doch was bleibt, ist eine offene Wunde – für den Rechtsstaat, für die Demokratie, für die Aufklärung im doppelten Sinne des Wortes. Und insbesondere für die Opferfamilien. Der Terrorprozess und auch diverse politische Untersuchungsausschüsse haben keine Antworten auf die so wichtigen Fragen herausgebracht, warum neun Migranten und die Polizistin Michèle Kiesewetter sterben mussten, was das Motiv der toten Rechtsterroristen Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt war und welche Kenntnisse die Sicherheitsbehörden von der Existenz des NSU und womöglich von deren Morden, Anschlägen und Überfällen hatten.
Dieses Buch setzt ein Zeichen dagegen, dass die Aufklärung der „Staatsräson“ geopfert wird und die Bürger in Unwissenheit und damit in Unmündigkeit gehalten werden sollen. Der Sammelband, herausgegeben von Andreas Förster, Thomas Moser und Thumilan Selvakumaran, ist ein Appell dafür, dass die Gesellschaft mit den Opfern, die in ihr leben, das Recht bekommen muss, unbequeme Wahrheiten zu erfahren. Mit dem Buch „Ende der Aufklärung – Die offene Wunde NSU“ zeigen Wissenschaftler und Journalisten, darunter Zeitenspiegel-Autor Rainer Nübel, auf, welche Mechanismen schon bei anderen Vorgängen wie im Falle der RAF-Ermordung von Siegfried Buback, des Münchner Oktoberfest-Attentats und des islamistischen Weihnachtsmarkt-Attentäters Amri dazu geführt haben und weiterhin dazu führen, dass staatliche Behörden zugunsten der „inneren Sicherheit“ vieles tun und veranlassen, damit eine konsequente Aufklärung unmöglich ist und bleibt. Die Autoren haben geheime Akten studiert, sich mit Hinweisgebern getroffen und Widersprüche analysiert. Je intensiver sie sich mit den Vorgängen und Geschehnissen um den Nationalsozialistischen Untergrund beschäftigten, desto mehr offene Fragen tauchten auf.
„Ich werde oft gefragt, wie ich diesem Prozess gegenüber stehe. Er ähnelt für mich einem oberflächlichen Hausputz. Um der Gründlichkeit Genüge zu tun, hätte man die ‚Teppiche‘ aufheben müssen, unter welche bereits so vieles gekehrt wurde.“
Yvonne Boulgarides, Witwe des NSU-Mordopfers Theodoros Boulgarides, im Februar 2018 in ihren Schlussworten vor dem Oberlandesgericht München
Das Buch, erschienen bei Klöpfer & Meyer, ist hier erhältlich.