Zeitenspiegel Reportagen

Hansel-Mieth-Preis in Fellbach verliehen

29.04.2013

Die Reportageagentur Zeitenspiegel hat am 25. April im schwäbischen Fellbach zum 15. Mal in Folge den Hansel-Mieth-Preis für engagierte Reportagen in Wort und Bild vergeben. Der mit 6000 Euro dotierte Preis ging in diesem Jahr an den Autor Jan Christoph Wiechmann und den Fotografen Seamus Murphy.

Mit dem Mieth-Preis, der zu den wichtigsten Ehrungen im deutschen Journalismus gehört, erinnert die Weinstädter Reportage-Agentur Zeitenspiegel an ihr 1998 verstorbenes Ehrenmitglied Johanna „Hansel“ Mieth, die in Fellbach aufgewachsen ist. Hansel Mieth und ihr Jugendfreund und späterer Mann Otto Hagel widmeten sich in ihrer Karriere als Fotografen für das amerikanische Magazin LIFE überwiegend sozialen Themen. Zur Jury gehören erfahrene Redakteure der Magazine “Spiegel” und “Focus” sowie namhafte Autoren und Fotografen.

Nach der Begrüßung durch Fellbachs Oberbürgermeister Christoph Palm hielt die Journalistin und Autorin Wibke Bruhns im großen Saal des Rathauses die Festrede - mit einem starken Plädoyer für bessere Bedingungen zum Recherchieren.

Dass diese immer weniger möglich sind, aber dennoch von den Journalisten oft selbst geschaffen werden, zeigt die Gewinnerreportage von 2013. Zwanzig Jahre lang begleitete der Fotograf Seamus Murphy die Kabuler Familie Badeli und zeichnete über sie somit ein genaues Porträt des Landes.

„Die Geschichte der Familie Badeli ist nichts Besonderes in Afghanistan“, schreibt der Autor Jan Christoph Wiechmann über die Reportage. „Sie ist einzig besonders, weil sie so alltäglich ist.“ Es ist die Geschichte von Menschen, die man sonst als Statisten in den Abendnachrichten sieht, besser: übersieht. Es ist die Geschichte der einfachen Leute, die auch als Kriegsmenschen Menschen bleiben wollen, von Jan Christoph Wiechmann erzählt mit sanftem Duktus, als säße man dem Schneider Badeli bei einer Tasse Tee gegenüber. Sie drängt sich nicht auf, sie skandalisiert nicht, es ist eine leise Geschichte, die genaues Zuhören und Hinschauen braucht, um ihre besondere Wirkung zu entwickeln. Seamus Murphy gelangen Alltagsbilder, die ohne großes Vertrauen in seine Fähigkeiten wohl kaum möglich gewesen wären, wie beispielsweise das Portrait von Farhuddins Frau, die unverschleiert ihren Mann anlächelt, oder die Männer beim vertrauten Spiel mit ihren Kindern.

Der Hansel-Mieth-Preis würdigt nicht nur die hohe Qualität von Text und Bild. Es muss im Sinne der Namensgeberin Hansel Mieth noch etwas hinzukommen, das wir als Engagement definiert haben. Das ist hier beispielhaft gelungen. Und gerade weil Redaktionen heute immer seltener bereit sind, mehr als dreitägige Fotografeneinsätze zu finanzieren, verdient es besondere Anerkennung, wenn ein Fotoreporter so hartnäckig an seinem Thema dran bleibt. Natürlich, von keiner Fotoredaktion kann man erwarten, dass sie ein derartiges Langzeitprojekt finanziert. Aber mehr Geduld wäre Fotoredakteuren zu wünschen, damit solche Reportagen entstehen können, die uns tief berühren.

Musikalisch umrahmt wurde das Programm von der Jazzpianistin Gee Hye Lee.

Die Ausstellung zum Hansel-Mieth-Preis ist im oberen Foyer des Fellbacher Rathauses vom 26. April bis zum 4. Mai 2013 zu sehen. Der Eintritt ist frei.

Hansel-Mieth-Preis… hmp_cs_0007.jpgFoto: Christoph Schmidt

Hansel-Mieth-Preis… hmp_cs_0001.jpgFoto: Christoph Schmidt

Hansel-Mieth-Preis… hmp_cs_0050.jpgFoto: Christoph Schmidt

Hansel-Mieth-Preis… hmp_cs_0012.jpgFoto: Christoph Schmidt

Hansel-Mieth-Preis… hmp_cs_0021.jpgFoto: Christoph Schmidt

Hansel-Mieth-Preis… hmp_cs_0023.jpgFoto: Christoph Schmidt

Hansel-Mieth-Preis… hmp_cs_0028.jpgFoto: Christoph Schmidt

Hansel-Mieth-Preis… hmp_cs_0031.jpgFoto: Christoph Schmidt

Hansel-Mieth-Preis… hmp_cs_0035.jpgFoto: Christoph Schmidt